Ein junges Mädchen hält in der linken Hand eine brennende Kerze. Die rechte hält es schützend vor die Flamme. Der Bildbetrachter wird nicht geblendet, vielmehr werden dank diesem Kunstgriff die Augen auf die drei Bildelemente, das Gesicht des Mädchens, das geöffnete Buch und das nur partiell beleuchtete Gesicht der Unterrichtenden gelenkt. De la Tour konzipiert mit Licht einen dreieckigen Bildaufbau, fokussiert die wichtigsten Bildinhalte und demonstriert die Kraft des Lichts, indem es dieses zart durch die Hand der Jungfrau schimmern lässt.
Georges de La Tours Bild hat etwas Andächtiges, und das Licht strahlt dezent. Das fällt heute besonders auf, denn die Lichtgewohnheiten haben sich im Vergleich zum 17. Jahrhundert stark verändert. Aber schon zu Lebzeiten erfreuten sich die Bilder des Malers De La Tour besonderer Beliebtheit. Als der Künstler 1952 starb, war er ein Malerfürst seiner Zeit. Dann aber wurde er vergessen. So richtig entdeckt hat man ihn erst wieder im 20. Jahrhundert, und inzwischen wird Georges de La Tour wieder als grosser Meister gewürdigt.
