Der US-amerikanische Künstler Dan Flavin (1933-1996) gehört zu den Pionieren der Lichtkunst. Anfang der 60er Jahre schuf er seine ersten Arbeiten mit elektrischem Licht. Eine Inspirationsquelle war das transzendentale Gold der mittelalterlichen Tafelmalerei, welches damals die Sphäre Gottes symbolisierte. In „icon II (the mystery) (to John Reeves)“ von 1961 profanisiert er die religiöse Lichtmystik, in dem er über ein gelb bemaltes Tafelbild das göttliche Leuchten durch ein nüchternes, elektrisches Industrie-Licht ersetzt. Gleichzeitig provoziert er eine Annäherung der Kunst an die Alltagsrealität. Dieser Haltung bleibt er treu. Auch in seinen späteren Licht- und Farbräumen setzte er ausschliesslich handelsübliche Leuchtstoffröhren in genormten und standardisierten Dimensionen und Farben ein.
Zusammen mit dem Sprung vom Wandobjekt zum Lichtobjekt gelang ihm auch die Befreiung von der in der Kunst gängigen Bildhaftigkeit und von der illusionistischen, narrativen und symbolischen Darstellung. Sein Anliegen war die Selbstinszenierung des Lichts. Er verzichtet dabei auf Pomp und Spektakularisierung. Bei ihm blieb das Licht das einziges Objekt der Betrachtung. In „pink out of a corner (to Jasper Johns)“ aus dem Jahr 1963 stellt er Licht nüchtern und nackt zur Schau. Dennoch bleibt an den Objekten eine gewisse romantische Sinnlichkeit haften. Das Licht strahlt und breitet seine Aura je nach Grösse und Lichtintensität räumlich aus.
Flavins Werktitel sind meist wenig bis gar nicht beschreibend. Häufig versieht er sie allerdings mit Widmungen an ausgewählte Personen oder Personengruppen. Ein diagonal angelegtes Objekt aus dem Jahr 1987, bestehend aus vier Leuchtstoffröhren, drei roten und einer kaltweissen, erhält von ihm die Bezeichnung „untitled (to the citizens of the Swiss cantons).
Seinem engen Freund Donald Judd (1928-1994), dem US-amerikanischen Maler, Bildhauer und Architekten, widmet er 1987 „untiteled (to Don Judd, colorist)“. Judd gehört zu den wichtigsten Vertretern der Minimal Art. Auch Flavin lehnt sich diesem Programm an. Er überwindet allerdings den theoretischen Diskurs der reinen Form und der reinen Farbe. Er schafft eine Kunst, die leuchtet und die durch ihren ruhigen Charakter eine beinahe meditative Sinnlichkeit provoziert.
Bilder:
Dan Flavin, icon II (the mystery) (to John Reeves), 1961
© 2012 Stephen Flavin/VBK, Wien
Foto: Bill Jacobson, New York; Courtesy of David Zwirner, New York
aus: http://www.mumok.at
Dan Flavin, pink out of a corner (to Jasper Johns), 1963
Foto: Billy Jim, New York, © Stephen Flavin/VBK Wien, 2012
aus: http://www.mumok.at
Dan Flavin, untitled (to the citizens of the Swiss cantons) 2, 1987
aus: http://www.stylepark.com/de/news/zwanzig-jahre-gegenwart/322092
Dan Flavin, untitled (to Don Judd, colorist), 1,7,8,9,10, 1987, Ausstellungsansicht
Foto: mumok, © Stephen Flavin/VBK Wien, 2012
aus: http://www.mumok.at
